Diesen Hashtag kann man seit Herbst letzten Jahres immer wieder in den Medien finden, doch was bedeutet er?
Er umfasst das inzwischen sehr komplexe Thema des neuen EU-Urheberrechts und den darin enthaltenen Artikel 11 und 13.
Das Thema ist sehr komplex (wir haben auch schon einen Artikel darüber geschrieben), hier jedoch das Wichtigste auf einen Blick: Artikel 13 beschreibt, dass in Zukunft Plattformen, wie etwa YouTube, für Urheberrechtsverletzungen der Nutzer verantwortlich gemacht werden können. Bisher gab es mehrere Gesetzesentwürfe, welche sich weitestgehend in den Ausnahmen, wann die Plattformen zum Beispiel nicht haften oder ob und in welcher Form Upload-Filter zum Einsatz kommen, unterschieden.
Am 12. Februar gab es nun Neuigkeiten zum Thema: Während der Trilog-Verhandlungen konnte man sich tatsächlich, trotz aller Einwände, E-Mails und Petitionen, auf einen Entwurf einigen. Dieser muss nur noch durch die Zustimmung des Europa-Parlaments genehmigt werden.
Es ist also höchste Eisenbahn noch etwas dagegen zu unternehmen.
Zuerst einmal, wie sieht dieser neueste Entwurf aus? Vielleicht ist er ja auch gar nicht so schlimm: Eine positive Seite hat der momentane Entwurf zu Artikel 13 schon, denn es sind keine Upload-Filter vorgeschrieben. Plattformen, die jünger als 3 Jahre sind, im Jahr weniger als 10 Millionen Euro Umsatz machen und weniger als 5 Millionen Besucher pro Monat haben, haften nicht für eventuelle Urheberrechtsverletzungen. Klingt nach einem Kompromiss. De facto gibt es aber kaum Plattformen, die nicht betroffen wären, denn damit diese Ausnahmeregelung greift, müssten alle drei Kriterien erfüllt werden.
Auch wenn Upload-Filter erst einmal raus sind, müssen Rechteinhaber die Möglichkeit haben, ihre Werke bei den Plattformen zu melden, damit diese vor Missbrauch geschützt werden. Außerdem müssen Plattformen Lizenzverträge mit den Rechteinhabern abschließen – also theoretisch mit jedem einzelnen Menschen, der Inhalte produziert. Illegale Videos sollen nach der Meldung sofort gelöscht werden, wie es bisher auch schon der Fall ist.
Auch wenn Upload-Filter gesetzlich nicht mehr vorgeschrieben sind, wären sie die einfachste und die technisch wahrscheinlichste Möglichkeit, um Artikel 13 in die Praxis umzusetzen. (Die Alternative wäre hunderte von Menschen zur Überprüfung einzelner Inhalte anzustellen..)
Eigentlich hat sich also nicht viel im Vergleich zu den Entwürfen verändert – Upload-Filter filtern das verbotene Material und fertig.
Nein! Das ist nicht ganz so einfach, denn damit ein Upload-Filter funktioniert, müssten von allen geschützten Texten, Bildern, Videos usw. Kopien gespeichert werden – Unmengen an Daten, die beim Hochladen mit den Inhalten abgeglichen werden müssten. Derartige Systeme sind aber noch lange nicht perfekt, man könnte sie zum Beispiel mit einem Wasserzeichen umgehen. (Abgesehen davon wäre es ein enormer technischer Aufwand solche Datenmengen zu hosten.)
So viel zum Problem mit den Filtern, weiter mit der Zensur: Ein Upload-Filter stellt die perfekte Zensur-Maschine dar. Man gibt einfach einen Text ein, der damit auf einer Blacklist landet. Alles, was diesen Text enthält, würde nun geblockt werden, unabhängig von dem Kontext, in dem der Text – oder der Ausschnitt – steht. Unliebsame Meinungen könnten einfach verschwinden.
Die Möglichkeit, im Internet frei seine Meinung zu äußern – gerade wenn man in seinem Land in der Öffentlichkeit nicht die Chance dazu hat, wäre also in Gefahr.
Auch wir in Deutschland könnten ein Stück unseres Rechts auf freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit und damit auch einen Teil unserer Demokratie verlieren, denn auch hier könnte man die Upload-Filter missbrauchen.
Die Ironie ist, dass laut Gesetzestext Kritik, Zitate, Satire und Karikaturen nicht geblockt werden dürfen, doch wie soll das funktionieren; eine Maschine ist schließlich unfähig, zwischen Sarkasmus und Ernsthaftigkeit zu unterscheiden.
Ist Zensur erst einmal da, ist Überwachung nicht mehr weit. Allerdings darf es gesetzlich durch Upload-Filter nicht zu einer “allgemeinen Überwachung” kommen.
Auch soll die Identifizierung von Personen nicht damit einhergehen. Daran merkt man, dass aus technischer Sicht nicht ausreichend darüber nachgedacht wurde, denn die persönlichen Daten werden so oder so erhoben. Man könnte zwar die Speicherung mehr oder weniger verhindern, aber am Ende wird man eine Identifizierung und Überwachung kaum vermeiden können.
Der letzte kritische Punkt ist, dass man sich natürlich beschweren können muss, wenn seine Inhalte zu Unrecht geblockt wurden. Es soll also gut ausgebaute und funktionelle Systeme zur Überprüfung der Blockungen geben und diese müssen auch noch schnell arbeiten.
Punkt 1 ist hier, dass die Technik an ihre Grenzen stößt, weil sie das Video schon einmal geblockt hat – man müsste also sehr viele Menschen einstellen oder auf gut Glück wieder entsperren. Punkt 2, die Inhalte, die durch die Rechteinhaber (oder die, die einfach nur so tun) erneut geclaimt wurden, müssten von Menschen überprüft werden – was sehr viel Zeit in Anspruch nehmen würde.
Die größte Befürchtung ist, dass es – so dramatisch es klingen mag – das Internet, wie wir es kennen, nicht mehr geben könnte. Alles müsste gefiltert werden (egal ob durch Mensch oder Maschine). Das bedeutet, dass sich Plattformen im schlimmsten Fall komplett aus Europa zurückziehen oder zumindest Upload-Filter einbauen, welche dafür sorgen würden, dass ihr euer Morgen-Selfie mit dem Starbucks-Kaffee nicht mehr auf Instagram posten könntet, weil ja ein Starbucks-Logo zu sehen ist und dieses urheberrechtlich geschützt ist.
Zu diesem Thema haben wir eine Umfrage an unserer Schule durchgeführt. 83% unserer Schüler sind komplett gegen Artikel 13 und nur 7 Prozent finden die Idee gut, die Umsetzung jedoch schlecht. Ihr bezeichnet Artikel unter anderem wie folgt: „Ein eher mäßiger Versuch, Urheberrecht zu schützen, ohne zu realisieren, dass man das Zitatrecht nicht mit Uploadfiltern scannen kann“. Ihr sagt außerdem „Es ist nicht praktisch umsetzbar und selbst Axel Voss (?) hat selbst in einem Interview zugegeben, dass durch Uploadfilter die Meinungsfreiheit eingegrenzt werden kann und dies, finde ich, sollte in einer Demokratie nicht sein, außerdem werden im Zuge dessen gefühlt alle Maßnahmen ergriffen, um Gegenstimmen zu ignorieren und den Protest von Tausenden und Millionen zu denunzieren (ziehe Formulierungen im Sinne von „Bots“ oder „gesteuert durch große Konzerne wie Google“)“
Bis jetzt kann man noch einige Dinge gegen Artikel 13 unternehmen. Zum Beispiel die Demos (wie die am 23. März in Leipzig oder noch besser in Berlin) zu besuchen, die Petition zu unterschreiben oder sich telefonisch bzw. per Mail an EU-Parlamentarier zu wenden.
Sebastian Schneider, Lea Schneider