SICK – Klappe die 2.

Schulen gehen mit dem neuen Schuljahr in eine zweite Runde gemeinsam mit der Corona-Krise. Hierbei haben sich jedoch die geltenden Regeln und Gesetze erheblich verändert.

Am 31.08.2020 beginnt das neue Schuljahr 2020/21 und mit ihm tritt eine neue Allgemeinverfügung des Freistaates Sachsen für Schulen und vergleichbare Einrichtungen in Kraft. Angestrebt ist von nun an der Regelbetrieb. Schulschließungen können nur die „Ultima Ratio“ sein. An Bord sind unzählige Lockerungen und Neuregelungen bisher geltender Maßnahmen, die wir im Folgenden näher beleuchten wollen.

In aller Kürze: Für den normalen Betrieb wird es lediglich noch eine kleine Hand voll Einschränkungen geben.

Etwas ausführlicher:
Ab dem 31.08.2020 gilt kein Mindestabstand in Schulen und auf schulischen Veranstaltungen mehr. Er wird jedoch weiterhin empfohlen und man solle auf Körperkontakte verzichten. Außerdem besteht für alle an der Schule tätigen Personen keine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes mehr. (Für schulfremde Personen – inklusive Eltern! – gilt die Pflicht weiterhin) Die Schulleitung kann diese, aufgrund ihres jeweiligen Hausrechtes, jedoch außerhalb des Unterrichtes in verschiedenen Bereichen wieder beschließen oder weiterhin beibehalten. Entwarnung gibt es für all jene, die ihre Maske etwas öfter als vorgeschrieben aufbehalten wollen. Dies ist per Gesetz zu dulden. Sie kann somit durchaus auch im Unterricht aufbehalten werden.

Nach wie vor müssen täglich alle an der Schule tätigen Personen protokolliert werden und die Routine beim Betreten des Gebäudes bleibt ebenfalls erhalten. Wahlweise wird ein gründliches Händewaschen oder eine Desinfektion mit mindestens begrenzt viruzidem Desinfektionsmittel fällig. Betreten darf die Schule weiterhin nur, wer nicht nachweislich mit Sars-Cov-2 infiziert ist bzw. wer keine Symptome zeigt und in den letzten 14 Tagen aus keinem Risikogebiet zurückgekehrt ist. Befreiungen aufgrund „erheblicher Gesundheitsrisiken“ müssen ab sofort vom Arzt bestätigt werden.

Auch die gründliche tägliche Reinigung von Räumen und Oberflächen sowie das regelmäßige Lüften der Klassenzimmer (mindestens 30 Minuten nach jeweiligem Unterrichtsbeginn) entfallen nicht.

Was auf den ersten Blick wohl noch nicht auffallen wird: Klassenfahrten sind unter Berücksichtigung geltender Hygieneregeln wieder möglich. Vorerst sind jedoch nur eintägige Fahrten nach Tschechien und Polen sowie uneingeschränkte Fahrten im Inland gestattet. Mehrtägige Auslandsfahrten sind erst ab dem zweiten Halbjahr erlaubt. 
Ebenfalls wieder machbar sind Bildungsangebote bzw. -Maßnahmen mit externen Partnern oder an externen Plätzen, wie beispielsweise Theaterbesuche, Lesungen usw.

Angebote zur Berufs- und Studienorientierung sind wieder gestattet, jedoch nur innerhalb Sachsens. Somit können beispielsweise die 10er ihren Praktikumsplatz leider nicht, wie sonst, Deutschlandweit suchen. Ganztagsangebote können wieder durchgeführt werden, sollen jedoch möglichst lernplanunterstützend eingesetzt werden.

Abschließend gilt, dass jede Schule Konzepte für digitalen Unterricht benötigt, da zeitweise Schulschließungen, nicht in Gänze ausgeschlossen werden können. Der Fokus dieses Schuljahres soll auf der Sicherung der Grundbildung und der Beseitigung von Lehrdefiziten liegen. Leistungsbewertungen sind jedoch ohne weiteres möglich. Die Umsetzung der jeweiligen Konzepte obliegt wieder und weiterhin der Schule.

Sonderregelungen gibt es noch für den Sportunterricht, wobei Halle, Umkleiden und Sanitäreinrichtungen regelmäßig und gut durchlüftet, Sportgeräte nach der Nutzung desinfiziert und Bewegungsangebote ohne Körperkontakt bevorzugt gewählt werden müssen.

Im Musikunterricht gilt die Bevorzugung von möglichst großen Räumen und ein Verbot von Gesang im Ensemble/Chor.

Zu Punkten wie den Toilettenwegen, die bisher ausgeschildert und so gewählt werden mussten, um Begegnungen zu vermeiden, wird in aktuellen Dokumenten kein Wort verloren.

All diese Lockerungen werden vom LandesSchülerRat kritisch bewertet. Zwar befürworte man einen angestrebten Regelbetrieb, doch müsse man – gerade in Anbetracht der ansteigenden Infektionszahlen und der vielen Rückkehrer aus Risikogebieten – vorerst weiterhin auf verschärfte Maßnahmen setzen. Gefordert wird eine dreiwöchige Übergangszeit mit Maskenpflicht und Mindestabstand im Klassenzimmer.

Zur Bewertung dieser Maßnahmen haben wir mit einem Virologen, Prof. Dr. Uwe Gerd Liebert, Institutsdirektor der Virologie hier an der Uniklinik in Leipzig, gesprochen. Hierbei bewertete er die neuen Regelungen kritisch, vertritt eine gegenteilige Meinung zur Staatsregierung, welche er ebenfalls zu diesem Thema beriet und bezeichnete das Vorgehen als „grob fahrlässig“. Prof. Liebert ist der Ansicht, man müsse wie beispielsweise in NRW eine Maskenpflicht auch im Unterricht einführen oder alternativ zumindest die Klassen weiterhin deutlich verkleinern. Es gibt noch keine Normalität und durch die Auslassung dieser Maßnahmen könnte ein entsprechend trügerischer Eindruck erweckt werden. Eine Sonderbehandlung von Schulen kann er aus fachlicher Perspektive nicht unterstützen. Hierzu haben wir ebenfalls das SMK um eine Stellungnahme gebeten. Dieses hat jedoch bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht reagiert.

Begründet mit einer Studie mit 2.500 Teilnehmern, wovon kein einziger Abstrich positiv war, betonte er:

„Es ist tatsächlich so, dass von den Schülern die allerwenigsten infiziert sind. Das also von den Schülern ein Infektionsrisiko ausgeht, ist (zumindest für Sachsen […]) nicht nachweisbar. Aber ein Einzelfall kann natürlich dabei sein. Auch von den Lehrern in Richtung Schüler geht eher kein Risiko aus, aber im Einzelfall vielleicht eben doch.“


Die besagte Studie ist zwar bisher lediglich eine Momentaufnahme aus dem Mai/Juni, sie wird aber im September und nach den Herbstferien wiederholt werden, um die Entwicklung weiter zu beobachten.

Auf die Forderungen des LSR hin äußerte sich der Professor wie folgt:

„Regelbetrieb flächendeckend in Sachsen halte ich für nicht geboten. Ich glaube, es wäre sehr viel vernünftiger, das, was man vor den Ferien gelernt hat, [weiter zu verfolgen]. Wenn man sich darauf besinnt und vielleicht die digitale Infrastruktur in den Schulen massiv verbessert, […] dann kann man auch einen Schulbetrieb aufrechterhalten, ohne in voller Klassenstärke Präsenzunterricht zu machen.“

Obwohl feste Gruppen in der Infektionsnachverfolgung Vorteile bieten, sollte man flexiblere und auf den individuellen Schüler angepasstere Formen finden, um jedem Präsenzunterricht zu ermöglichen, der mit der digitalen Lehre nicht gut zurechtkommt.

Zum Lernen in Lerngruppen äußerte sich Prof. Liebert weniger kritisch. Die Gruppen sollten möglichst klein gehalten werden und solange es machbar ist, kann man sich ja auch auf Abstand im Freien zusammensetzen. Abgesehen davon können auch die Schüler ja von den digitalen Möglichkeiten Gebrauch machen und sich (beispielsweise im Winter) per Videokonferenz zusammensetzen.

Zum Abschluss gibt er allen nochmal mit auf den Weg, möglichst flexibel auf das aktuelle und lokale Geschehen zu reagieren sowie entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, beispielsweise im Unterricht doch eine Maske aufzusetzen.

Sebastian Schneider,
Cara Wagner

Quellen:
https://www.bildung.sachsen.de/blog/index.php/2020/07/02/schulfahrten-sind-wieder-moeglich/
https://www.coronavirus.sachsen.de/download/SMS-Allgemeinverfuegung-Schulen-Kitas-2020-08-13.pdf
https://www.bildung.sachsen.de/blog/index.php/2020/07/13/schule-soll-nach-den-ferien-im-normalbetrieb-starten/
https://www.bildung.sachsen.de/blog/index.php/2020/08/03/schule-nach-den-ferien-im-normalbetrieb-vier-stufen-plan-fuer-sachsen/
https://medien.lsr-sachsen.de/pm/pm_gen.php?id=32

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